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Eine neue Verordnung schwächt die Höheren Fachschulen

Gegenwärtig läuft die Vernehmlassung zur Verordnung über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF). Sie dauert noch bis zum 31. März 2017. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, warnt vor einer Schwächung des Bildungsbereichs der Höheren Fachschulen. Der Verordnungsentwurf in seiner jetzigen Form ist abzulehnen.

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HFSV: 2014 werden folgenschwere Finanzentscheidungen getroffen

Am 1. Januar 2014 tritt die „Interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die Bildungsgänge der Höheren Fachschulen“ (HFSV) in Kraft. Die Vereinbarungskantone werden auf der Grundlage der HFSV wichtige Finanzentscheidungen zu treffen haben. Für Travail.Suisse ist klar: Wenn die Kantone nur aufs Sparen fokussieren, so werden sie einen wichtigen tertiären Bildungsbereich schwächen.

12 Kantone sowie das Fürstentum Liechtenstein haben bisher die „Interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die Bildungsgänge der Höheren Fachschulen“ (HFSV) unterzeichnet[i]. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die HFSV aufs neue Jahr in Kraft treten kann. Die Regeln der interkantonalen Finanzierung der Studiengänge der Höheren Fachschulen sind über die HFSV klar und deutlich definiert. Die Höhe der Beiträge ist hingegen noch nicht bis ins letzte Detail geregelt. Die Vereinbarungskantone werden die entsprechenden Entscheidungen in den nächsten Monaten zu treffen haben. Das wird eine schwierige Aufgabe sein, weil verschiedene Interessen in ein komplexes Gleichgewicht gebracht werden müssen.

Die Sicht der Höheren Fachschulen

Das erste Interesse der Höheren Fachschulen (HF) ist es, dass die Beiträge an die HF-Bildungsgänge auf realistischen Annahmen basieren. Gemäss HFSV[ii] sollen die interkantonalen Beiträge 50% der ermittelten durchschnittlichen Kosten betragen. Dazu braucht es ein Kostenerhebungsmodell, das die Realität optimal abbildet. Ist das Kostenerhebungsmodell fehlerhaft, so entsprechen auch die Beiträge nicht dem im Gesetz definierten Ziel. Den Schulen fehlen dann die ihnen in der HFSV zugesicherten Beiträge. Dies kann – wie noch auszuführen ist – zu problematischen Folgen führen. Zu fehlerhaften Beiträgen kann es kommen, wenn das Kostenerhebungsmodell nicht auf Vollkosten basiert, es die didaktisch-methodischen Eigenheiten eines Studiengangs wie zum Beispiel die Arbeit in Labors und in Kleingruppen nicht erfasst, oder es die Kosten für die Entwicklung eines Studiengangs nicht oder nur ungenügend berücksichtigt.

Die Sicht der Wohnsitzkantone der Studierenden

Die HFSV definiert, wie viel die Wohnsitzkantone der Studierenden den Trägerschaften der Bildungsgänge der Höheren Fachschulen zu bezahlen haben. Angesichts der schwierigen Finanzsituation der Kantone ist es nachvollziehbar, wenn sie auf tiefe interkantonale Beiträge schielen. Die Finanz- und Erziehungsdirektoren der Kantone müssen ja nicht nur die Beiträge an die HFSV vor dem Parlament vertreten, sondern auch für gewichtige Anliegen aus anderen Bereichen einstehen. Ihnen kommt es entgegen, wenn die Kosten der HFSV tief gehalten werden können. Allerdings müssen sie sich fragen, ob sich der kurzfristige Gewinn auch längerfristig auszahlt. Denn das System der Höheren Fachschulen ist im Vergleich zu den Fachhochschulen ein günstiges System. Die Kantone müssen daher darauf achten, dass die HF für die Studierenden attraktiv bleibt. Dazu gehören auch bezahlbare Studiengebühren.

Die Sicht der Standortkantone der Höheren Fachschulen

Unter dem Regime der neuen HFSV wird es in allen Standortkantonen zu Verhandlungen zwischen ihnen und den im Kanton ansässigen Schulen kommen. In diesen Verhandlungen werden die Vergütungen des Standortkantons gegenüber den einzelnen Schulen festgelegt. Bei diesen Verhandlungen können zwar die interkantonalen Beiträge der HFSV eine gewisse Rolle spielen. Aber letztlich muss jeder Standortkanton mit den mandatierten Höheren Fachschulen aushandeln, wie hoch der Beitrag des Standortkantons an die Schulen sein soll. Grundsätzlich sollten diese Beiträge pro Studentin/pro Student um einiges höher sein als die interkantonalen Beiträge. Denn ein Standortkanton kann von der Schule auf seinem Kantonsgebiet profitieren. Sie bringt ihm einen Standortvorteil[iii]. Sie schafft im Standortkanton z.B. Arbeitsplätze, tritt als Einkäuferin auf, zahlt Steuern, erhöht die Standortattraktivität und trägt Knowhow in eine Region. Man darf daher von den Standortkantonen ohne weiteres erwarten, dass ihre Beiträge an die Schulen höher sind als die interkantonalen Beiträge nach HFSV.

Die Sicht der Studierenden

Studierende haben ein Interesse an tiefen Studiengebühren. An Hochschulen betragen die Schulkosten bis zum Bachelorabschluss zwischen 4‘500 bis 5‘000 CHF. An Höheren Fachschulen sind sie etwa 3 bis 4x höher. Je höher die Studiengebühren ausfallen, umso weniger ist die Höhere Fachschule konkurrenzfähig zu den Hochschulen. Es braucht deshalb eine Politik der Studiengebühren im Zusammenhang mit den Höheren Fachschulen. Sie muss erreichen, dass die Höheren Fachschulen ihre Konkurrenzfähigkeit zu den Hochschulen behalten oder gar verbessern und dass keine interessierten und fähigen Personen aufgrund der Kosten auf eine Ausbildung verzichten müssen. Grundsätzlich geht es aus Sicht der Studierenden darum, dass einerseits die Studiengebühren durch die jungen Berufsleute ohne grösseren Probleme gestemmt werden können und andererseits die Bildungsrendite der Höheren Fachschulen grösser ist als diejenige der Hochschulen. Dann sind die Höheren Fachschulen attraktiv. Für die Wohnort- und Standortkantone heisst es, dass Sparen noch keine Politik definiert. Und für die Wirtschaft und die Betriebe bedeutet es, dass ihre Unterstützung der Studierenden mithilft, die Attraktivität der Höheren Fachschulen zu verbessern.

Die Sicht des Arbeitsmarktes

Damit die höheren Fachschulen eine Zukunft haben, müssen sie sich inhaltlich und qualitativ entwickeln. Nur dann behalten diese Ausbildungen und Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt ihren Wert. Im Kontext der Qualität und der Entwicklung spielen sicherlich die Dozierendenbildung und -weiterbildung, die Anerkennungsverfahren, aber auch die Berufsfelddidaktik eine wichtige Rolle. All das kostet Geld. Es sind Bereiche, bei denen unter Druck gespart wird, wie zum Beispiel: Es werden mehr Dozierende mit kleinen Pensen angestellt; die Berufsfelddidaktik wird zugunsten von günstigeren Lehr- und Lernformen ausgehebelt; die Dozierendenbildung und –weiterbildung wird nach unten gefahren. Wenn die Kosten hingegen den Studierenden übertragen werden, so erhöhen sich die Studiengebühren. Auch diesbezüglich zeigt sich, dass die Kantone mit ihren Finanzentscheidungen im Rahmen der HFSV wichtige Weichen für die Attraktivität und die Qualität der Bildungsgänge der Höheren Fachschulen stellen müssen.

Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik, Travail.Suisse, 25.11.13

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[ii] Art. 6 Höhe der Beiträge.
1 Die Beiträge werden je Bildungsgang differenziert nach Vollzeit- und Teilzeitausbildung in Form von Semesterpauschalen pro Studierende beziehungsweise Studierenden festgelegt.
2 Für die Festlegung der Höhe der Pauschalbeiträge gemäss Absatz 1 gelten folgende Grundsätze:
a. Ermittlung der durchschnittlichen gewichteten Ausbildungskosten (Bruttobildungskosten) pro Bildungsgang und Studierende beziehungsweise Studierenden nach Massgabe der Ausbildungsdauer (Anzahl Semester), der Anzahl anrechenbarer Lektionen und der durchschnittlichen Klassengrösse, wobei die Konferenz der Vereinbarungskantone die maximale Anzahl anrechenbarer Lektionen und die minimale Referenzklassengrösse festlegt;
b. die Beiträge decken 50 Prozent der gemäss litera a ermittelten durchschnittlichen Kosten.

[iii] Zentralschweizer Regierungskonferenz, Grundlagenpapier über die Abgeltung von Standortvorteilen; zuhanden der Kantonsregierungen verabschiedet durch die ZFDK, Solothurn, 13. Mai 2005; https://www.zrk.ch/dms/dokument/dokument_datei_id_307_rnd6822.pdf