„Höhere Fachschulen“ gibt es im Berufsbildungssystem nicht mehr. Seit dem Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetzes gibt es nur noch eidgenössisch anerkannte Bildungsgänge der höheren Fachschulen. Diese Lösung führt zu unnötigen administrativen Aufwendungen. Nach Meinung von Travail.Suisse ist es ein Gebot der Stunde, wieder zur Anerkennung von höheren Fachschulen zurückzukehren.
Bildungsgänge der höheren Fachschulen sind ein wichtiger Teil des Bildungs- und Wirtschaftssystems. Durch ihre arbeitsmarktnahen, auf die Praxis ausgerichteten Studiengänge antworten sie auf die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft und der Gesellschaft.
Der Systemwechsel mit dem neuen Berufsbildungsgesetz
Die höheren Fachschulen verloren während der Entwicklung des neuen Berufsbildungsgesetzes ihre eidgenössische Anerkennung. Bereits die Botschaft zum Gesetz wies darauf hin, dass anstelle der Schulen neu nur noch die Bildungsgänge eidgenössisch anerkannt werden sollen. Dieser Wechsel wurde vor allem aufgrund der Situation im Gesundheitswesen gemacht. Es bestanden dort sehr viele kleine einzelne Angebote, die man nicht als Schulen ansehen konnte. Heute sind aber im Gesundheitswesen an verschiedenen Orten grosse und zentralisierte Schulen entstanden. Der Systemwechsel erweist sich heute immer mehr als Nachteil für die „höheren Fachschulen“.
Kostenbewusstsein ist gefragt
Im heutigen Bildungssystem ist Kostenbewusstsein gefragt. Das Bildungswesen sollte all jene Chancen packen, bei denen ohne Abnahme der Qualität Einsparungen gemacht werden können. Bei den höheren Fachschulen liegt ein Sparpotential vor, und zwar an zwei Orten:
Erstens: Heute wird bei jeder Anerkennung eines Studiengangs der höheren Fachschulen auch immer der Träger des Bildungsgangs überprüft. Bei Institutionen, die mehrere Bildungsgänge auf der Stufe der höheren Fachschulen anbieten, werden die Unterlagen über die Schule und die allgemeinen Abläufe (Prüfungen, Aufnahmeverfahren, Rekurse usw.) deshalb mehrfach kontrolliert. Wenn die Schulen eidgenössisch anerkannt werden, können die Bildungsgänge mit einem auf den fachlichen Teil beschränkten Verfahren zur Anerkennung geführt werden. Das führt zu einem erheblichen Minderaufwand für die Anerkennung, ohne dass dabei ein Qualitätsverlust hingenommen werden muss.
Zweitens: Auch Nachdiplomstudien der „höheren Fachschulen“ unterliegen einem Anerkennungsverfahren. Solche Verfahren sind zeitlich und finanziell aufwändig. Sie widersprechen eigentlich der Idee, dass der Bildungsmarkt in kurzer Zeit auf die Bedürfnisse der Wirtschaft antworten sollte. Denn die Anerkennungsverfahren sind teuer und brauchen Zeit. Sie sind heute aber notwendig, weil es keine anerkannten höheren Fachschulen gibt, die als Träger dieser Nachdiplomstudien auftreten können. Durch die Anerkennung der höheren Fachschulen könnte – wie bei den Fachhochschulen – der Nachdiplombereich in die Verantwortung einer anerkannten, auf Qualität hin untersuchten Schule gelegt werden. Damit würden Einsparungen ohne Qualitätsverluste ermöglicht.
Nähe zur Wirtschaft bleibt erhalten
Auch in einem System, das auf der Anerkennung von Schulen aufbaut, kann die Nähe zur Wirtschaft erhalten werden. Wichtig ist, dass bei der Anerkennung einer Schule die Erfüllung des Kriteriums der Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeitswelt verlangt wird.
Schutz des Namens
Da es nach Gesetz und Verordnung keine „höheren Fachschulen“ gibt, ist der Name auch nicht geschützt. Er kann also missbräuchlich verwendet werden, ohne dass dies geahndet werden kann. Die Anerkennung von höheren Fachschulen würde es ermöglichen, ungenügend qualifizierten Schulen den Namen zu verbieten.
Internationale Beziehungen werden vereinfacht
Internationale Beziehungen laufen über Schulen, nicht über Studiengänge. Mit einer Anerkennung der Höheren Schulen werden auch die internationalen Beziehungen vereinfacht, da zum Beispiel der Austausch der Studierenden über anerkannte Schulen möglich wird.
Fazit
Die Anerkennung von höheren Fachschulen würde es ermöglichen:
- Einsparungen ohne Qualitätsverluste zu machen
- vor allem im Nachdiplombereich schneller und kostengünstiger auf die Bildungsbedürfnisse der Wirtschaft und der Gesellschaft zu reagieren
- die Nähe zur Wirtschaft zu behalten und
- den Schutz des Namens zu verbessern.
- die internationalen Beziehungen zu verinfachen.
Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik, Travail.Suisse