Die Schweiz braucht mehr Ärzte, insbesondere Hausärzte. Der Bund will deshalb in den Aufbau neuer Studienplätze investieren. 100 Millionen möchte er dazu zur Verfügung stellen. Es sollen dabei jene Studienorte den Zuschlag erhalten, welche bestrebt sind, die Anzahl der Hausärzte und Hausärztinnen zu erhöhen. Welche Massnahmen sind aber dazu geeignet, mehr junge Ärzte und Ärztinnen für den Hausarztberuf zu gewinnen? Ein Blick auf zwei Studien.
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Medizinische Grundversorgung sicherstellen: Es braucht mehr als nur mehr Ärzte
Die Debatte um die Ausbildung von mehr Ärzten ist voll im Gang. Endlich! Mit dem Sonderprogramm des Bundes, das 100 Millionen Franken für mehr Studienplätze in der Humanmedizin zur Verfügung stellen will, wurde diese notwendige Diskussion angestossen. Eine wichtige Rolle bei den bevorstehenden Entscheidungen wird der ständige Ausschuss für Fragen der Hochschulmedizin haben (vgl. Art. 15.1a HFKG). Er wird die Vorabklärungen in Bezug auf Effizienz, Effektivität und die Nachhaltigkeit der eingegeben Projekte der Hochschulen machen.
Travail.Suisse unterstützt diesen geplanten Prozess und die beabsichtigten finanziellen Aufwendungen. Trotzdem möchten wir auf vier Punkte hinweisen, die uns wichtig sind und in der Gefahr stehen, in der hitzigen Debatte vergessen zu werden:
1. Die Schweiz braucht nicht einfach mehr selbstausgebildete Ärzte, sondern mehr Hausärzte und Hausärztinnen, um die medizinische Grundversorgung sicherstellen zu können. Bei der Auswahl der Projekte ist dies zu berücksichtigen. Die Projekte sollten zeigen, was sie unternehmen, um dieses Ziel besser erreichen zu können.
2. Um die medizinische Grundversorgung auch in Zukunft garantieren zu können, ist zwar das Ziel anzustreben, gegen 400 (Haus-)Ärzte pro Jahr mehr in der Schweiz auszubilden. Aber es sind auch andere Massnahmen anzupacken, wie sie in einem Bericht des Bundesrates ausformuliert wurden . Die Frage stellt sich: Braucht es für die eine oder andere Massnahme allenfalls auch eine Anschubfinanzierung durch den Bund?
3. Das Problem des Ärztemangels kann nur entschärft werden, indem das Potenzial der verschiedenen Gesundheitsberufe optimal ausgenutzt wird. Die Zahl plus 400 (Haus-)Ärzte funktioniert nur, wenn die Leistungen, welche nicht zwingend durch sie erbracht werden müssen, durch andere Gesundheitsberufe übernommen werden. Die Entscheidungen diesbezüglich sind daher parallel zum Aufbau von mehr Studienplätzen für (Haus-)Ärzte vorwärtszutreiben. Die Fragen, die sich hier aufdrängen, lauten: Welcher Auf- und Ausbau ist allenfalls nötig bei den verschiedenen Gesundheitsberufen? Welche Bildungsanbieter übernehmen diesbezüglich den Lead? Wer trägt die allfälligen Investitionskosten?
4. Die gemachten Überlegungen zeigen, dass das Problem der medizinischen Grundversorgung nicht allein durch die universitäre Humanmedizin gelöst werden kann. Die anderen Bildungsbereiche (Fachhochschulen, Höhere Fachschulen) sind daher mit ihrem Knowhow auch in die Diskussionen einzubinden.
Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe: Vernehmlassung
Gerne nehmen wir Stellung zum Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe. Als positiv in diesem Entwurf nehmen wir insbesondere folgende Punkte wahr:
- Die Absolventinnen und Absolventen der Höheren Fachschule Pflege werden in Bezug auf die selbständige Berufsausübung gleich behandelt wie die AbsolventInnen und Absolventen einer Fachhochschule. Diese Regelung ist sowohl sachgerecht wie auch notwendig und sinnvoll.
- Mit dem Gesundheitsberufegesetz erhalten die Bachelorstudiengänge der vom Gesetz definierten Gesundheitsberufe an Fachhochschulen ein klares Profil. Dies ermöglicht einen schon lange notwendigen Fortschritt in Bezug auf diese Bildungsstufe.
- Das Gesundheitsberufegesetz schliesst die Lücke, welche durch das Wegfallen des Fachhochschulgesetzes entsteht und ergänzt durch die Programmakkreditierung das Hochschulförderungs- und –koordinationsgesetz HFKG, das primär eine Systemakkreditierung vorsieht.
Wir möchten allerdings auch auf ein Problem hinweisen, welches wir mit dem Gesetz haben:
Der Titel des Gesetzes bringt Verwirrung. Das haben wir in verschiedenen Gesprächen mit Personen aus dem Gesundheitswesen gespürt. Der Titel verspricht mehr als er hält. Das Gesetz regelt nicht alle Gesundheitsberufe und nicht alle Stufen. Es ist daher allenfalls ein Bundesgesetz über einen Teil der Gesundheitsberufe. Für diesen Teil ist das Gesetz in Ordnung und ein Fortschritt. Nach unserer Meinung braucht das Gesetz aber folgende Ergänzungen:
- Im Artikel 2 braucht es einen Zusatz, der folgenden Wortlaut haben kann: „Der Bundesrat kann weitere Berufe im Bereich des Gesundheitswesens, deren Ausbildung auf Tertiärstufe stattfindet, als Gesundheitsberufe nach diesem Gesetz bezeichnen und diesem Gesetz unterstellen.“ Mit einem solchen Zusatz macht das Gesetz deutlich, dass es sich bei den im Artikel 2 erwähnten Berufen nicht um eine abschliessende Liste von tertiären Gesundheitsberufen handelt und dass zur Sicherung der Gesundheitsversorgung und deren Qualität weitere Gesundheitsberufe dem Gesetz unterstellt werden können und müssen.
- In ähnlichem Sinn ist es auch nötig, dass nicht nur die Bachelorstufe, sondern auch die Masterstufe ins Gesetz aufgenommen wird. Dies schafft eine bessere Transparenz in Bezug auf die Kompetenzen der verschiedenen Stufen. Dies ist gerade im Hinblick auf eine gut funktionierende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen wichtig. Zudem kann durch die Programmakkreditierung, die auch für die Masterstudiengänge vorzusehen ist, die Qualitätssicherung verbessert werden.
- Ein besonderes Anliegen haben wir in Bezug auf die Logopädie. Die Logopädinnen und Logopäden werden auf dem Tertiärniveau ausgebildet und sind mit denen im GesBG aufgeführten Berufe vergleichbar. Die Situation der Logopädie ist aber oft unklar, was die Ausbildung und die Berufsausübung betrifft. Eine Einbindung in das GesBG könnte zu einer Vereinheitlichung der Ausbildung und der Berufsausübung sowie zur Verbesserung der Qualität führen. Wir beantragen daher eine Aufnahme der Logopädie in das GesBG.
- Was die Frage nach einem Schweiz weiten Register für die vom Gesetz geregelten Gesundheitsberufe angeht, so unterstütz Travail.Suisse ein Register, das ausschliesslich auf Stufe Bund geführt wird. Eine solche Regelung nimmt die Mobilität der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen ernst. Die Regelung soll insbesondere auch eine angemessene Weiterbildungspflicht vorsehen, die garan-tiert, dass einmal erworbene Kompetenzen laufend aktualisiert werden, gemäss den fachlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen.
Bruno Weber-Gobet, 11.04.14