Sehr geehrte Damen und Herren
Wir nehmen gerne die Möglichkeit wahr, zur totalrevidierten MiVo-HF Stellung zu nehmen. Wir weisen hier schon darauf hin, dass Travail.Suisse den Entwurf zur Überarbeitung zurückweist. Zwar können wir weitestgehend den Zielen der Totalrevision zustimmen. Mit den Vorschlägen, wie diese Ziele erreicht werden sollen, sind wir allerdings nicht einverstanden. Nach unserer Überzeugung führt die neue MiVo-HF mit ihren Vorschlägen und ihrer Ausgestaltung zu einer Schwächung statt zu einer Stärkung der Höheren Fachschulen. Dabei sollte mit der neuen MiVo-HF gerade die Chance gepackt werden, den Prozess zur Stärkung der Höheren Fachschulen weiterzuführen.
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Eine neue Verordnung schwächt die Höheren Fachschulen
Gegenwärtig läuft die Vernehmlassung zur Verordnung über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF). Sie dauert noch bis zum 31. März 2017. Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, warnt vor einer Schwächung des Bildungsbereichs der Höheren Fachschulen. Der Verordnungsentwurf in seiner jetzigen Form ist abzulehnen.
Die Höheren Fachschulen müssen als Institution anerkannt werden!
Im heutigen Anerkennungsverfahren nach Mindestverordnung Höhere Fachschulen MiVo-HF werden nur die Studiengänge, nicht aber die Höhere Fachschule anerkannt. Das hat zur Folge, dass der Name „Höhere Fachschule“ nicht geschützt ist. Das ist eine der Schwächen des HF-Systems und erschwert die Positionierung national und international der Höheren Fachschulen.
Herausforderung Berufsbildung (II)
Wohin soll sich die Berufsbildung entwickeln? Welches sind die relevanten Fragen, auf welche die Berufsbildung Antworten finden muss? Im letzten Mediendienst vom 6. Juni 2016 von Travail.Suisse, dem unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, wurden fünf Themenfelder skizziert, die im Rahmen der Vision Berufsbildung 2030 diskutiert werden müssen (https://bit.ly/1XniJ7O). Heute soll diese Liste mit weiteren fünf Fragestellungen ergänzt werden.
Verbesserte Zusammenarbeit zwischen Hochschulbildung und Berufsbildung
Aufs Ganze gesehen verfügt die Schweiz heute über ein effizientes und gut funktionierendes Bildungssystem. Insbesondere der gute Mix von allgemeinbildenden und berufsbezogenen Bildungswegen macht eines seiner Stärken aus. In den letzten Jahren hat sich zudem die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Bildungswelten markant verbessert. Nach Meinung von Travail.Suisse ist es von Vorteil, wenn die eingeschlagene Richtung konsequent weiterverfolgt wird.
Englische Titelbezeichnungen für Abschlüsse der Berufsbildung
Travail.Suisse steht grundsätzlich dem Vorschlag des SBFI in Bezug auf die englischen Titelbezeichnungen für Abschlüsse der Berufsbildung positiv gegenüber. Wir unterstützen eine konsequente Weiterarbeit mit dem vorgesehenen Titelbaukasten. Folgende Bemerkungen möchten wir noch gerne anbringen:
• Die Berufsbildung, insbesondere auch die Höhere Berufsbildung als Teil der Berufsbildung verdient es, dass sie im Bildungssystem besser positioniert ist und erkennbarer wird. Dazu gehört einerseits der Titel, aber andererseits auch die Einordung in den Nationalen und Europäischen Qualifikationsrahmen wie auch die Darstellung in der Zeugniserläuterung oder dem Zeugniszusatz. Wichtig ist, dass das Gesamtpaket stimmt und es – dank dem Gesamtpaket – zu einer positiven und ehrlichen Darstellung der Berufsbildung kommt.
• Was die Höhere Berufsbildung betrifft, so ist unbedingt daran festzuhalten, dass der Begriff „Higher Education“ in der Titelsystematik erhalten bleibt. Er verortet die Höhere Berufsbildung zu Recht in den Tertiärbereich, ohne sich – wie es der Titel „professional Bachelor“ macht – an das Bologna-System anzulehnen. In Zukunft wird es immer wichtiger werden, den Selbststand und den eigenen Wert der Berufsbildung gegenüber dem akademischen Weg zu betonen.
• Im Hinblick auf die Höheren Fachschulen ist daraufhin zu arbeiten, dass auch ihre Abschlüsse in Englisch das Beiwort „federal“ führen können. Dies im Interesse der Gleichbehandlung aller Abschlüsse der Berufsbildung, eines einheitlicheren Auftritts, insbesondere, was das Logo betrifft, und einer besseren Positionierung durch einen eidgenössischen Abschluss.
• Travail.Suisse fordert das SBFI auf, bei der Implementierung der Titelsystematik auf eine einheitliche Umsetzung zu achten. Also keine Ausnahmen zuzulassen. Das System gewinnt an Stärke, wenn es sowohl gesamthaft wie innerhalb einer Branche auf Einheitlichkeit setzt.
• Mit der Annahme der Titelsystematik ist allerdings nur ein Teil der Arbeit geleistet. Alle Branchen müssen die „richtigen“ englischen Berufsbezeichnungen für ihre Abschlüsse finden. Travail.Suisse unterstützt den Willen des Bundes, den Branchen bei der Evaluation der „richtigen“ englischen Berufsbezeichnung Hilfe anzubieten.
• Travail.Suisse würde es begrüssen, wenn der Bund die Umsetzung der Titelsystematik mit einer Informationsoffensive im In- und Ausland begleiten würde.
Die Hochschulweiterbildung steht in der Pflicht
Eine Aufgabe der Hochschulen ist es, Weiterbildungen anzubieten. Ich bin überzeugt, dass die Weiterbildung mit dem „Lebenslangen Lernen“ zusätzlich an Bedeutung gewinnen wird. Doch die Hochschulweiterbildung muss sich bewegen: Sowohl das neue Weiterbildungsgesetz (WeBiG) wie auch das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) nehmen sie in die Pflicht.
Der Hochschulrat als Teil der Schweizerischen Hochschulkonferenz hat die Aufgabe, „Weiterbildung in Form von einheitlichen Rahmenvorschriften“ zu regeln (HFKG Art. 12) und die Grundsätze des Weiterbildungsgesetzes (WeBiG Art. 5-9) umzusetzen (vgl. WeBiG Art. 2.2).
Diese ‚einheitlichen Rahmenvorschriften‘ werden über folgende Punkte Auskunft geben müssen:
• über die Weiterbildungsformate (MAS, CAS, DAS etc.),
• über die Zulassung zur Hochschulweiterbildung,
• über die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung,
• über die Anrechenbarkeit von Bildungsleistungen
• darüber, wie Wettbewerbsverzerrungen in der Weiterbildung vermieden werden können.
Während einige Rahmenvorschriften einfacher umzusetzen sind, sind andere Punkte regelrechte Knacknüsse: Die Zulassungsbedingungen beispielsweise werden eine erste Knacknuss bilden, denn die heutigen Regelungen der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten CRUS sind noch zu unscharf, um wirklich als Kriterien dienen zu können. Konkreter sind die Empfehlungen der Konferenz der Fachhochschulen KFH. Ihnen fehlen allerdings Überlegungen zur Zulassung von Personen aus der Höheren Berufsbildung (Tertiär-B-Bereich). Eine zweite Knacknuss bildet die vorgesehene Aufnahme der Hochschulweiterbildung in die Akkreditierungsrichtlinien. Damit wäre zwar ein wichtiger Schritt für Qualitätssicherung und -entwicklung getan, doch jede Hochschule wird dann die geplanten Rahmenvorschriften in ihre Qualitätssicherungsstrategie bzgl. Weiterbildungsbereich implementieren müssen.
Viel zu reden geben werden auch die Regelungen zum Verbot von Wettbewerbsverzerrungen. Dabei geht es bei diesem Thema nicht nur um Wettbewerbsverzerrungen zwischen Weiterbildungen der öffentlichen Hochschulen und Weiterbildungen der privaten Anbieter, sondern auch um Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Anbietern der Höheren Berufsbildung. Im Artikel 3i HFKG heisst es:
„Der Bund verfolgt im Rahmen der Zusammenarbeit im Hochschulbereich insbesondere die folgen-den Ziele: (…) i. Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen bei Dienstleistungen und Angeboten im Weiterbildungsbereich von Institutionen des Hochschulbereichs gegenüber Anbietern der höhe-ren Berufsbildung.“
Die Botschaft zum HFKG weist dabei in diesem Zusammenhang auf das „Verbot der Subventionierung der Weiterbildungen im Hochschulbereich oder das Verbot, ähnlich lautende Titel oder Angebotsbezeichnungen wie in der höheren Berufsbildung anzubieten“, hin. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, dass die Weiterbildungsverantwortlichen der Hochschulen bezüglich Artikel 3i HFKG das Gespräch mit den Vertretungen der Höheren Berufsbildung suchen. Solche Gespräche sind hilfreich für eine bessere Problemerfassung wie auch für eine konstruktive Problemlösung.
Kurzansprache zur Verabschiedung von Hanspeter Ruggli als Präsident der Konferenz der höheren Fachschulen
Lieber Hanspeter, liebe Anwesende
Es freut mich sehr, dass ich zu der Verabschiedung von dir, Hanspeter, ein paar Worte sagen darf.
Ich werde dabei aus politischer Sicht die Sache angehen.
Und das hat seinen guten Grund: Die Konferenz HF ist ja vor allem eine politische Organisation.
Sie hat die Aufgabe, die Interessen der Höheren Fachschulen auf nationaler Ebene in der Politik zu vertreten, das heisst dort anwesend zu sein, wo politische Entscheidungen vorbereitet, getroffen oder umgesetzt werden.
Ich habe dich zu einer Zeit kennengelernt, als die Höheren Fachschulen auf dem politischen Parkett kaum präsent waren und darum auch übersehen oder sogar übergangen wurden.
Das hat dich geärgert und dich zum Handeln bewegt.
Du warst damals Präsident der SDKTS, der Schweizerischen Direktorenkonferenz der Technikerschulen.
Du merktest: Es muss etwas geändert werden!
Doch wie macht man das?
Drei Dinge braucht der Politiker.
Erstens ein starker Wille, der starke Wille, etwas zu bewegen.
Zweitens Wissen, das Wissen, wie man politisch etwas verändert.
Drittens die Fähigkeit, soziale Netze zu knüpfen.
Den Willen hast du besessen.
Du wolltest dir nicht mehr alles bieten lassen.
Dieser Wille hat dich sogar zu einem offiziellen Gespräch mit Bundesrat Deiss geführt.
Das politische Wissen hast du dir angeeignet.
Als Person aus dem Bildungsbereich wusstest du: Man kann nicht immer alles selber wissen.
Manchmal ist es gut, eine Weiterbildung zu besuchen und sich neue Kompetenzen anzueignen.
So hast du mit deinem Vorstand von der SDKTS zusammen einen Workshop zum Thema „Wie funktioniert die Schweizer Politik?“ besucht und dich in die Kunst der Politik einführen lassen.
Was den dritten Punkt betrifft, die Fähigkeit, soziale Netze zu knüpfen, so gehört diese Fähigkeit zu deinen grossen Stärken.
Da musstest du nichts mehr lernen.
In diesem Bereich können wir von dir lernen.
Nun konnte es also losgehen:
Du wusstest: Man braucht Mitglieder. Also hast du angefangen, die anderen HF-Bereiche für deine Ideen zu gewinnen. Und wie wir wissen mit grossem Erfolg.
Du wusstest: Man braucht Geld. Du hast es geschafft, Projektgelder für den Aufbau der Konferenz vom damaligen BBT zu erhalten.
Und du hast es auch jedes Mal in der Delegiertenversammlung hingekriegt, die notwendige Erhöhung der Mitgliederbeiträge zu erhalten.
Du wusstest: Man braucht Positionen. Du hast die richtigen Leute eingesetzt, ein Grundlagenpapier zu erarbeiten.
Denn ohne Positionen geht in der Politik gar nichts.
Es nützt nichts, sich Zugang zur Politik zu beschaffen, wenn man keine Anliegen hat.
Du wusstest: Man braucht ein Beziehungsnetz. Also hast du die wichtigen Leute und Organisationen besucht und ihnen die Anliegen der Höheren Fachschulen nähergebracht.
Du wusstest: Man braucht Mitstreiter, ein Team von Leuten, die mitdenken, mittun, Ideen einbringen, Aufgaben übernehmen, kritisieren, warnen, motivieren etc.
Und ein solches Team hattest du in den letzten Jahren, angefangen bei der Generalsekretärin und dem Direktionskomitee.
Durch all diese Arbeit ist eine Organisation entstanden, die heute anerkannt ist, die man nach ihrer Meinung fragt, die Einsitz in Kommissionen und Arbeitsgruppen hat und fähig ist, eigenständige und beachtete Positionen einzubringen.
Dafür kann ich dir nur gratulieren und meine Bewunderung aussprechen.
Nun trittst du als Präsident zurück.
Die Arbeit für deine Nachfolgerin wird nicht ausgehen. Obwohl die Höhere Berufsbildung zu einem prioritären Thema der Bildungspolitik geworden ist, ist noch nicht alles im Lot.
Man muss dranbleiben und Durchhaltewillen zeigen.
Du hast die Latte für deine Nachfolgerin hoch gelegt. Das ist gut so.
Denn die Höheren Fachschulen verdienen es, dass sie eine starke Interessenvertretung haben.
Ich danke dir – im Namen aller – für dein Engagement, gratuliere dir für deine Erfolge, wünsche dir noch viele gute Jahre und ganz persönlich danke ich dir für die vielen guten Gespräche, die wir miteinander führen konnten.
Alles Gute!
Bruno Weber-Gobet, 05.06.2014
Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe: Vernehmlassung
Gerne nehmen wir Stellung zum Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe. Als positiv in diesem Entwurf nehmen wir insbesondere folgende Punkte wahr:
- Die Absolventinnen und Absolventen der Höheren Fachschule Pflege werden in Bezug auf die selbständige Berufsausübung gleich behandelt wie die AbsolventInnen und Absolventen einer Fachhochschule. Diese Regelung ist sowohl sachgerecht wie auch notwendig und sinnvoll.
- Mit dem Gesundheitsberufegesetz erhalten die Bachelorstudiengänge der vom Gesetz definierten Gesundheitsberufe an Fachhochschulen ein klares Profil. Dies ermöglicht einen schon lange notwendigen Fortschritt in Bezug auf diese Bildungsstufe.
- Das Gesundheitsberufegesetz schliesst die Lücke, welche durch das Wegfallen des Fachhochschulgesetzes entsteht und ergänzt durch die Programmakkreditierung das Hochschulförderungs- und –koordinationsgesetz HFKG, das primär eine Systemakkreditierung vorsieht.
Wir möchten allerdings auch auf ein Problem hinweisen, welches wir mit dem Gesetz haben:
Der Titel des Gesetzes bringt Verwirrung. Das haben wir in verschiedenen Gesprächen mit Personen aus dem Gesundheitswesen gespürt. Der Titel verspricht mehr als er hält. Das Gesetz regelt nicht alle Gesundheitsberufe und nicht alle Stufen. Es ist daher allenfalls ein Bundesgesetz über einen Teil der Gesundheitsberufe. Für diesen Teil ist das Gesetz in Ordnung und ein Fortschritt. Nach unserer Meinung braucht das Gesetz aber folgende Ergänzungen:
- Im Artikel 2 braucht es einen Zusatz, der folgenden Wortlaut haben kann: „Der Bundesrat kann weitere Berufe im Bereich des Gesundheitswesens, deren Ausbildung auf Tertiärstufe stattfindet, als Gesundheitsberufe nach diesem Gesetz bezeichnen und diesem Gesetz unterstellen.“ Mit einem solchen Zusatz macht das Gesetz deutlich, dass es sich bei den im Artikel 2 erwähnten Berufen nicht um eine abschliessende Liste von tertiären Gesundheitsberufen handelt und dass zur Sicherung der Gesundheitsversorgung und deren Qualität weitere Gesundheitsberufe dem Gesetz unterstellt werden können und müssen.
- In ähnlichem Sinn ist es auch nötig, dass nicht nur die Bachelorstufe, sondern auch die Masterstufe ins Gesetz aufgenommen wird. Dies schafft eine bessere Transparenz in Bezug auf die Kompetenzen der verschiedenen Stufen. Dies ist gerade im Hinblick auf eine gut funktionierende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen wichtig. Zudem kann durch die Programmakkreditierung, die auch für die Masterstudiengänge vorzusehen ist, die Qualitätssicherung verbessert werden.
- Ein besonderes Anliegen haben wir in Bezug auf die Logopädie. Die Logopädinnen und Logopäden werden auf dem Tertiärniveau ausgebildet und sind mit denen im GesBG aufgeführten Berufe vergleichbar. Die Situation der Logopädie ist aber oft unklar, was die Ausbildung und die Berufsausübung betrifft. Eine Einbindung in das GesBG könnte zu einer Vereinheitlichung der Ausbildung und der Berufsausübung sowie zur Verbesserung der Qualität führen. Wir beantragen daher eine Aufnahme der Logopädie in das GesBG.
- Was die Frage nach einem Schweiz weiten Register für die vom Gesetz geregelten Gesundheitsberufe angeht, so unterstütz Travail.Suisse ein Register, das ausschliesslich auf Stufe Bund geführt wird. Eine solche Regelung nimmt die Mobilität der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen ernst. Die Regelung soll insbesondere auch eine angemessene Weiterbildungspflicht vorsehen, die garan-tiert, dass einmal erworbene Kompetenzen laufend aktualisiert werden, gemäss den fachlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen.
Bruno Weber-Gobet, 11.04.14
HFSV: 2014 werden folgenschwere Finanzentscheidungen getroffen
Am 1. Januar 2014 tritt die „Interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die Bildungsgänge der Höheren Fachschulen“ (HFSV) in Kraft. Die Vereinbarungskantone werden auf der Grundlage der HFSV wichtige Finanzentscheidungen zu treffen haben. Für Travail.Suisse ist klar: Wenn die Kantone nur aufs Sparen fokussieren, so werden sie einen wichtigen tertiären Bildungsbereich schwächen.
12 Kantone sowie das Fürstentum Liechtenstein haben bisher die „Interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die Bildungsgänge der Höheren Fachschulen“ (HFSV) unterzeichnet[i]. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die HFSV aufs neue Jahr in Kraft treten kann. Die Regeln der interkantonalen Finanzierung der Studiengänge der Höheren Fachschulen sind über die HFSV klar und deutlich definiert. Die Höhe der Beiträge ist hingegen noch nicht bis ins letzte Detail geregelt. Die Vereinbarungskantone werden die entsprechenden Entscheidungen in den nächsten Monaten zu treffen haben. Das wird eine schwierige Aufgabe sein, weil verschiedene Interessen in ein komplexes Gleichgewicht gebracht werden müssen.
Die Sicht der Höheren Fachschulen
Das erste Interesse der Höheren Fachschulen (HF) ist es, dass die Beiträge an die HF-Bildungsgänge auf realistischen Annahmen basieren. Gemäss HFSV[ii] sollen die interkantonalen Beiträge 50% der ermittelten durchschnittlichen Kosten betragen. Dazu braucht es ein Kostenerhebungsmodell, das die Realität optimal abbildet. Ist das Kostenerhebungsmodell fehlerhaft, so entsprechen auch die Beiträge nicht dem im Gesetz definierten Ziel. Den Schulen fehlen dann die ihnen in der HFSV zugesicherten Beiträge. Dies kann – wie noch auszuführen ist – zu problematischen Folgen führen. Zu fehlerhaften Beiträgen kann es kommen, wenn das Kostenerhebungsmodell nicht auf Vollkosten basiert, es die didaktisch-methodischen Eigenheiten eines Studiengangs wie zum Beispiel die Arbeit in Labors und in Kleingruppen nicht erfasst, oder es die Kosten für die Entwicklung eines Studiengangs nicht oder nur ungenügend berücksichtigt.
Die Sicht der Wohnsitzkantone der Studierenden
Die HFSV definiert, wie viel die Wohnsitzkantone der Studierenden den Trägerschaften der Bildungsgänge der Höheren Fachschulen zu bezahlen haben. Angesichts der schwierigen Finanzsituation der Kantone ist es nachvollziehbar, wenn sie auf tiefe interkantonale Beiträge schielen. Die Finanz- und Erziehungsdirektoren der Kantone müssen ja nicht nur die Beiträge an die HFSV vor dem Parlament vertreten, sondern auch für gewichtige Anliegen aus anderen Bereichen einstehen. Ihnen kommt es entgegen, wenn die Kosten der HFSV tief gehalten werden können. Allerdings müssen sie sich fragen, ob sich der kurzfristige Gewinn auch längerfristig auszahlt. Denn das System der Höheren Fachschulen ist im Vergleich zu den Fachhochschulen ein günstiges System. Die Kantone müssen daher darauf achten, dass die HF für die Studierenden attraktiv bleibt. Dazu gehören auch bezahlbare Studiengebühren.
Die Sicht der Standortkantone der Höheren Fachschulen
Unter dem Regime der neuen HFSV wird es in allen Standortkantonen zu Verhandlungen zwischen ihnen und den im Kanton ansässigen Schulen kommen. In diesen Verhandlungen werden die Vergütungen des Standortkantons gegenüber den einzelnen Schulen festgelegt. Bei diesen Verhandlungen können zwar die interkantonalen Beiträge der HFSV eine gewisse Rolle spielen. Aber letztlich muss jeder Standortkanton mit den mandatierten Höheren Fachschulen aushandeln, wie hoch der Beitrag des Standortkantons an die Schulen sein soll. Grundsätzlich sollten diese Beiträge pro Studentin/pro Student um einiges höher sein als die interkantonalen Beiträge. Denn ein Standortkanton kann von der Schule auf seinem Kantonsgebiet profitieren. Sie bringt ihm einen Standortvorteil[iii]. Sie schafft im Standortkanton z.B. Arbeitsplätze, tritt als Einkäuferin auf, zahlt Steuern, erhöht die Standortattraktivität und trägt Knowhow in eine Region. Man darf daher von den Standortkantonen ohne weiteres erwarten, dass ihre Beiträge an die Schulen höher sind als die interkantonalen Beiträge nach HFSV.
Die Sicht der Studierenden
Studierende haben ein Interesse an tiefen Studiengebühren. An Hochschulen betragen die Schulkosten bis zum Bachelorabschluss zwischen 4‘500 bis 5‘000 CHF. An Höheren Fachschulen sind sie etwa 3 bis 4x höher. Je höher die Studiengebühren ausfallen, umso weniger ist die Höhere Fachschule konkurrenzfähig zu den Hochschulen. Es braucht deshalb eine Politik der Studiengebühren im Zusammenhang mit den Höheren Fachschulen. Sie muss erreichen, dass die Höheren Fachschulen ihre Konkurrenzfähigkeit zu den Hochschulen behalten oder gar verbessern und dass keine interessierten und fähigen Personen aufgrund der Kosten auf eine Ausbildung verzichten müssen. Grundsätzlich geht es aus Sicht der Studierenden darum, dass einerseits die Studiengebühren durch die jungen Berufsleute ohne grösseren Probleme gestemmt werden können und andererseits die Bildungsrendite der Höheren Fachschulen grösser ist als diejenige der Hochschulen. Dann sind die Höheren Fachschulen attraktiv. Für die Wohnort- und Standortkantone heisst es, dass Sparen noch keine Politik definiert. Und für die Wirtschaft und die Betriebe bedeutet es, dass ihre Unterstützung der Studierenden mithilft, die Attraktivität der Höheren Fachschulen zu verbessern.
Die Sicht des Arbeitsmarktes
Damit die höheren Fachschulen eine Zukunft haben, müssen sie sich inhaltlich und qualitativ entwickeln. Nur dann behalten diese Ausbildungen und Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt ihren Wert. Im Kontext der Qualität und der Entwicklung spielen sicherlich die Dozierendenbildung und -weiterbildung, die Anerkennungsverfahren, aber auch die Berufsfelddidaktik eine wichtige Rolle. All das kostet Geld. Es sind Bereiche, bei denen unter Druck gespart wird, wie zum Beispiel: Es werden mehr Dozierende mit kleinen Pensen angestellt; die Berufsfelddidaktik wird zugunsten von günstigeren Lehr- und Lernformen ausgehebelt; die Dozierendenbildung und –weiterbildung wird nach unten gefahren. Wenn die Kosten hingegen den Studierenden übertragen werden, so erhöhen sich die Studiengebühren. Auch diesbezüglich zeigt sich, dass die Kantone mit ihren Finanzentscheidungen im Rahmen der HFSV wichtige Weichen für die Attraktivität und die Qualität der Bildungsgänge der Höheren Fachschulen stellen müssen.
Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik, Travail.Suisse, 25.11.13
[ii] Art. 6 Höhe der Beiträge.
1 Die Beiträge werden je Bildungsgang differenziert nach Vollzeit- und Teilzeitausbildung in Form von Semesterpauschalen pro Studierende beziehungsweise Studierenden festgelegt.
2 Für die Festlegung der Höhe der Pauschalbeiträge gemäss Absatz 1 gelten folgende Grundsätze:
a. Ermittlung der durchschnittlichen gewichteten Ausbildungskosten (Bruttobildungskosten) pro Bildungsgang und Studierende beziehungsweise Studierenden nach Massgabe der Ausbildungsdauer (Anzahl Semester), der Anzahl anrechenbarer Lektionen und der durchschnittlichen Klassengrösse, wobei die Konferenz der Vereinbarungskantone die maximale Anzahl anrechenbarer Lektionen und die minimale Referenzklassengrösse festlegt;
b. die Beiträge decken 50 Prozent der gemäss litera a ermittelten durchschnittlichen Kosten.
[iii] Zentralschweizer Regierungskonferenz, Grundlagenpapier über die Abgeltung von Standortvorteilen; zuhanden der Kantonsregierungen verabschiedet durch die ZFDK, Solothurn, 13. Mai 2005; https://www.zrk.ch/dms/dokument/dokument_datei_id_307_rnd6822.pdf